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StartseiteDieses Kapitel soll einen einleitenden Überblick über die komplexen Fragen des anwaltlichen Berufsrecht geben. Es stellt die aktuelle Rechtslage dar und gibt einen regulatorischen Ausblick.
Auf der anderen Seite steht der Erfolg dieser Legal-Tech-Inkasso-Angebote auch im Zusammenhang mit den seit jeher strengen Regeln des anwaltlichen Berufsrechts. Denn die berufsrechtliche Regulierung der registrierten Inkassodienstleister ist im Vergleich zur Rechtsanwaltschaft weniger streng ausgestaltet. So war es etwa Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten lange Zeit berufsrechtlich - von engen Ausnahmen abgesehen - weder gestattet, mit ihren Mandantinnen und Mandanten ein Erfolgshonorar zu vereinbaren (§ 49b Abs. 2 Satz 1 BRAO alte Fassung [a.F.]) noch den Mandantinnen und Mandanten im Fall einer Erfolglosigkeit der Inkassotätigkeit eine Freihaltung von den entstandenen Kosten zuzusagen (§ 49b Abs. 2 Satz 2 BRAO a.F.). Grund für diese strengen Vorgaben des anwaltlichen Berufsrechts war die Befürchtung, dass bei Vereinbarung eines Erfolgshonorars eine spezifische Gefährdung der anwaltlichen Unabhängigkeit drohe. Weil durch ein Erfolgshonorar und die Übernahme der Prozessfinanzierung eine weitgehende Parallelität der wirtschaftlichen Interessen von Rechtsanwalt und Mandant herbeigeführt werde, könnte deshalb die zur Wahrung der Unabhängigkeit gebotene kritische Distanz des Rechtsanwalts zum Anliegen des Auftraggebers Schaden nehmen. Es sei zu befürchten, dass mit der Vereinbarung einer erfolgsbasierten Vergütung für unredliche Berufsträger ein zusätzlicher Anreiz geschaffen würde, den Erfolg „um jeden Preis” auch durch Einsatz unlauterer Mittel anzustreben. Zudem seien der Schutz der Rechtsuchenden vor einer Übervorteilung durch überhöhte Vergütungssätze und die Sicherung der prozessualen Waffengleichheit mit Blick darauf, dass der Gegner womöglich nicht in der Lage ist, sein Kostenrisiko auf vergleichbare Art zu verlagern, legitime Ziele des Gesetzgebers.
Inkassodienstleistungsunternehmen sind dagegen seit jeher weder an ein Erfolgshonorar noch an ein Prozessfinanzierungsverbot gebunden. Sie können gegenüber ihren Kunden ihr Dienstleistungspaket „kostenfrei“ anbieten, weil die geschuldete Provision nur im Erfolgsfall anfällt (BGH, Urteil vom 19.1.2022 – VIII ZR 123/21). Dies gilt mangels berufsrechtlicher Bindung auch in Fällen, in denen das Inkassounternehmen selbst Anwältinnen und Anwälte beauftragen muss, um die streitigen Forderungen auch vor Gericht durchzusetzen (Inkassounternehmen sind in streitigen gerichtlichen Verfahren selbst nicht postulationsfähig). Es fehlte daher an einem „level-playing-field“, weil das strenge anwaltliche Berufsrecht Anwältinnen und Anwälten das Angebot von Geschäftsmodellen untersagte, die von Inkassodienstleistern massenhaft erfolgreich am Markt platziert werden konnten. Dieser Wertungswiderspruch bedingte aber nicht die Unzulässigkeit der Tätigkeit der Inkassodienstleister, sondern beruhte – wie der Bundesgerichtshof mehrfach betont hat – auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers im Rahmen der Reform des 2008 in Kraft getretenen Rechtsberatungsrechts. Sie wurde auch mit Blick darauf, dass Inkassounternehmen im Gegensatz zu Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten keine unabhängigen Organe der Rechtspflege sind, getroffen. Nur die Rechtsanwältin und der Rechtsanwalt haben ihre Mandantinnen und Mandanten als unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten vor Rechtsverlusten zu schützen, rechtsgestaltend, konfliktvermeidend und streitschlichtend zu begleiten, vor Fehlentscheidungen durch Gerichte und Behörden zu bewahren und gegen verfassungswidrige Beeinträchtigung und staatliche Machtüberschreitung zu sichern. Diese der Anwaltschaft besonders zugewiesenen Rolle und ihrer Einbindung in das Rechtspflegesystem im Sinne einer im Gemeinwohl liegenden Funktion der Anwaltschaft bedingt, dass Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte einem besonderen Berufsrecht unterliegen. Ihre Einstufung als unabhängige Organe der Rechtspflege grenzt sie deutlich von sonstigen Dienstleistungsberufen ab. Diese rechtsstaatsspezifische Tätigkeit ist zugleich Grundlage der Anwaltsprivilegien wie dem Zeugnisverweigerungsrecht und dem Beschlagnahmeverbot, aber auch der besonderen Pflichtenstellung in Form weitere spezifischer Berufspflichten. Hierdurch wird das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant gegen Störungen abgesichert.
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Dr. Christian Deckenbrock ist Akademischer Oberrat am Institut für Anwaltsrecht der Universität Köln. Sein Forschungsschwerpunkt liegt im Rechtsdienstleistungs- und Anwaltsrecht mit einem, aus aktuellem Anlass, besonderen Fokus auf den Reformen des RDG und der BRAO. Christian Deckenbrock wurde nach Studium und Referendariat in Köln an der Universität zu Köln mit einer Arbeit zum Thema „Strafrechtlicher Parteiverrat und berufsrechtliches Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen“ promoviert, für die ihm 2009 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der CBH-Promotionspreis verliehen wurde. Er ist u.a. Mitherausgeber eines Kommentars zum Rechtsdienstleistungsgesetz (Deckenbrock/Henssler, RDG, 5. Aufl. 2021), Mitautor eines Lehrbuchs zum anwaltlichen Berufsrecht (Deckenbrock/Özman, Anwaltliches Berufsrecht, 2022) sowie Mitautor eines Kommentars zur Bundesrechtsanwaltsordnung (Henssler/Prütting, BRAO, 5. Aufl. 2019) und eines Handbuchs zum Sozietätsrecht (Henssler/Streck, Handbuch Sozietätsrecht, 2. Aufl. 2011).